Frankfurt. Neben den Forschungsschwerpunkten Molekularbiologie und Klinik richtete die Universität jetzt formell einen dritten Forschungsschwerpunkt ein: Im neu gegründeten «Zentrum für Gesundheitswissenschaften» werden die Effektivität des Gesundheitssystems, Prävention und Gesundheitsförderung ergründet. Das ist ein Blick über den Tellerrand der Medizin.
Das neue Zentrum besteht aus sechs Instituten des Universitätsklinikums: Dem Institut für Allgemeinmedizin, dem Institut für Arbeitsmedizin, dessen Direktorin Prof. Gine Elsner auch geschäftsführende Direktorin des neuen Zentrums ist, dem Institut für Medizinische Psychologie, dem Institut für Medizinische Soziologie, dem Institut für Sexualwissenschaft und dem Senckenbergischen Institut für Geschichte der Medizin.
«Zunächst wollen wir uns auf die Zusammenarbeit in der Lehre konzentrieren», so Gine Elsner. Die gemeinsame Ausgestaltung von Querschnitten der Medizinerausbildung steht im Mittelpunkt. Damit werde das Lehrangebot inhaltlich angereichert und verbessert, glaubt Prof. Josef Pfeilschifter, Dekan des Fachbereichs. Gine Elsner glaubt, der erste Schritt, das neue Zentrum für Gesundheitsforschung zum Leben zu erwecken, sind gemeinsame Aktionen in der Lehre. So ist eine Ringvorlesung mit Wissenschaftlern aus allen Instituten geplant, bei der es um das Thema Prävention gehen soll. Das Thema wird wichtig. Denn der Altersdurchschnitt wächst an. «Damit wir gesund alt werden können, ist es wichtig, die Bedingungen zu erforschen, die die Gesundheit fördern», so Pfeilschifter.
In Gesprächen mit der Landesregierung ist es laut Pfeilschifter gelungen, das Budget für die Institute zu bewahren und binnen Jahresfrist vier neue Direktoren zu berufen: «Mit unserem neuen Zentrum sind wir die einzigen in Hessen», so Pfeilschifter. Neu sind Prof. Ferdinand M. Gerlach (44), Institut für Allgemeinmedizin, Prof. Jochen Kaiser (36), Medizinische Psychologie, Prof. Thomas Gerlinger, Medizinische Soziologie und Prof. Udo Benzenhöfer (47), der das Institut für Geschichte der Medizin leitet.
«Wir müssen uns zusammenfinden», sagte Gerlinger, der die Effizienz von Gesundheitssystemen international vergleicht. «Die in den Instituten betriebenen Forschungen berühren sich.» Pfeilschifter sagte dem neuen Zentrum die Unterstützung des Dekanats zu.
Das neue Zentrum hat kein eigenes Budget und Personal. Es ist lediglich eine Organisationsebene. Wahrscheinlich entstehen auch gemeinsame Forschungsprojekte, doch Elsner relativiert in diesem Zusammenhang die Funktion des Zentrums: «Forschungsorganisation läuft informell über gemeinsame Interessen.» Dafür bräuchte man kein Zentrum.
Dennoch soll die Zusammenarbeit institutionalisiert werden. Forschungen, die sich nicht um medizinische Grundlagen oder Anwendungen drehten, sondern das Gesundheitsthema in einen größeren Blick nehmen, werden zunehmend wichtig, glaubt Pfeilschifter. Thomas Gerlinger schließt nicht aus, dass besonders seine Forschungsinteressen ihn als Berater künftiger Gesundheitsminister prädestinieren. Pfeilschifter: «Wir beraten auch Politiker, aber wir drängen uns nicht auf.» Geschäftsführerin Elsner betonte besonders, dass die Forschungen in den Instituten nicht um die Frage kreisten, wie man Geld sparen könne, sondern, wie die Qualität verbessert werden kann.
Mit diesem Forschungsansatz ist das Zentrum in Hessen ohne Beispiel. In ganz Deutschland jedoch gibt es schon einige Zentren für Gesundheitsforschung, allerdings seien sie nicht vernetzt. Die Forschungsarbeit in den beteiligten Instituten der Universitätsklinik wird stark von Drittmittelgebern unterstützt, so von Berufsgenossenschaften, Deutscher Forschungsgemeinschaft, Gesundheitsministerium und Europäischer Union. (tjs)